Anleihen, die unterschätzte Gefahr
Was sagt der Marketingexperte für Finanzprodukte Ullrich Angersbach dazu?
Bücher über Finanz-Management bzw. das Finanzwesen erwecken oft den Eindruck, Anleihen seien für sicherheitsorientierte Investoren passende Investments. Diese Erwartung haben Anleihen - gute Bonität vorausgesetzt - in der Vergangenheit gemeinhin auch erfüllt. Sie waren nicht nur sicher, sondern zusätzlich konnte man von den Zinssenkungen der letzten 25 Jahren profitieren. So sind zum Beispiel die Zinsen für bestimmte Staatsanleihen von rund 9% auf nahe 0% gesunken.
Quelle: Bloomberg LP
Das hat über die Jahre hinweg bei den Investoren nicht nur zu Zinseinnahmen, sondern auch zu großen Kursgewinnen geführt. Anhand des REX-Performanceindexes lässt sich dies exemplarisch gut veranschaulichen:
Quelle: Bloomberg LP
Bei Anleihen konnte man nicht viel falsch machen.
Ullrich Angersbach: „Was passiert eigentlich, wenn die Zinsen wieder steigen sollten?“
Solange Zentralbanken wie die EZB im großen Stil Anleihen aufkaufen, wird dies kaum geschehen. Was aber passiert, wenn das Management der Zentralbanken es nicht mehr tut oder wenn es die Kontrolle über das Zinsniveau verlieren sollte? Man denke nur an den Fall der griechischen Staatsanleihen. Als die Investoren das Vertrauen verloren hatten, schossen die Zinsen explosionsartig nach oben.
Quelle: Bloomberg LP
Sehen Sie sich an, wie schnell diese Staatsanleihen wieder ein Zinsniveau von 9% erreicht (und überschritten) hatten. Damit lag das Zinsniveau wieder dort, wo es für Deutschland vor 25 Jahren lag. Würde sich nicht ein großer Teil der Kursgewinne des REX in entsprechende Verluste verwandeln, wenn auch die Zinsen von Deutschland wieder bei 9% lägen? „Diese Fallhöhe der Anleihen sehen viele Investoren nicht und fühlen sich fälschlicherweise bei Anleihen zu sicher.“ meint Ullrich Angersbach. Hätten Deutschland und anderen EU-Staaten Griechenland keine Bürgschaften in Milliardenhöhe gewährt, wären die Zinsen der griechischen Staatsanleihen dauerhaft so hoch geblieben, dass ein Staatsbankrott unvermeidlich gewesen wäre. Was aber geschieht, wenn wichtige EU-Staaten wie Italien oder gar Frankreich in eine Vertrauenskrise bzw. Bonitätskrise geraten sollten und ihre Verschuldungsobergrenzen - wie im Fall von Griechenland geschehen – überschreiten oder wenn Bürgschaften in großen Stil fällig gestellt werden würden? Was kann dann noch den freien Fall der Kurse von sicher geglaubten Anleihen aufhalten?
Anmerkung: Dieser Artikel stellt keine Anlageberatung dar, sondern gibt lediglich die Meinung von Ullrich Angersbach wieder. Für die hier dargestellten Fakten wird keine Haftung übernommen.
Aktualisierung: Während der REX Performanceindex per 6.10.17 leicht auf 481,72 Punkte stieg, sind die Zinsen 10-jähriger Staatsanleihen auf nunmehr nur noch 5,64% gesunken. Damit sind die Zinsen wieder auf dem Vorkrisenniveau. Es scheint, als ob die Eurokrise völlig überwunden ist. Ob dies trügerisch ist, wird sich noch erweisen...
Weitere Aktualisierung per 6. April 2020: 2017 gab es noch eine 5%ige Rendite auf Staatsanleihen. Wer hätte damals vorausgeahnt, dass die Zinsen mittlerweile bei Null oder gar im negativen Bereich sind. Noch hält das Finanzsystem. Die Schuldenlast aber ist im Vergleich zu 2017 in allen drei Bereichen (Private, Unternehmen und Staaten) im allgemeinen gestiegen. Damit aber ist auch die Schuldentragfähigkeit gesunken. Ein Steigen der Zinsen wieder auf das Niveau von 2017 würde daher zu einer Pleitewelle in allen drei Bereiche führen und zwar weltweit. Das werden die Zentralbanken und die Politiker mit aller Macht zu verhindern suchen. Das zeigt sich auch beim Kampf gegen die Corona-Viren. Ohne Kurzarbeitergeld und massiven finanziellen Hilfen für Unternehmen, würden viele nicht mehr zahlungsfähig sein. Dann würde die Wirtschaftskrise auch zu einer Bankenkrise. Es bleibt also spannend.
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